Sport: Funktionen und körperliche Auswirkungen

Sport: Funktionen und körperliche Auswirkungen
Sport: Funktionen und körperliche Auswirkungen
 
Sportliche Betätigungen haben einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert und tragen zur Gesundheit der Bevölkerung bei. Der Sport hat für jeden Einzelnen einen hohen Freizeitwert und ist wichtig für das individuelle Wohlbefinden. Positive Aspekte des Sports sind seine soziale Funktion durch die Integration von Gleichgesinnten, vor allem in Vereinen, seine pädagogischen Funktionen in der Jugendarbeit oder die Bildung und Festigung von Teamgeist. Als psychische Funktionen des Sports sind die Hebung des Selbstwertgefühls durch das Erreichen einer Leistung oder durch die Anerkennung in einer Mannschaft positiv zu werten. Soziale Funktionen sind aber auch das Imponierverhalten oder das verhaltensbiologisch so genannte Paradieren, beispielsweise bei Skifahrern als »Pistenhirsch« oder »schickes Skihaserl«.
 
Die wohl wichtigste, weil erwünschte und angestrebte Wirkung des Sports auf den Körper ist die Ertüchtigung. Je vielfältiger die Bewegungen beim Sport sind, desto allgemeiner sind die Trainingswirkung und der Trainingserfolg. Bei vielen Ballspiel- und Laufsportarten zum Beispiel wird der gesamte Bewegungsapparat sowie das Atem- und das Herz-Kreislauf-System gefördert.
 
Durch ein gezieltes Training nimmt die Muskelmasse zu, werden die beteiligten Knochen und Sehnen verstärkt. Aufgrund hormoneller Prozesse geschieht das bei Männern in größerem Maße als bei Frauen. Wiederholte körperliche Belastung führt auch zu einer Zunahme des maximalen Atemzugvolumens, der Vitalkapazität, und über jenes zu einem erhöhten Atemminutenvolumen. Das ermöglicht eine erhöhte Bereitstellung von Sauerstoff für den Körper. Trainierte Personen haben ein etwas größeres Herz, das sich den aktuellen Bedürfnissen der Sauerstoffversorgung durch den Kreislauf besser anpasst. In Ruhe schlägt es langsamer, fördert bei jedem Herzschlag mehr Blut (Schlagvolumen) und bewältigt während der Belastung ein höheres Herzminutenvolumen. Vor allem kehrt es nach Abschluss einer körperlichen Anstrengung schneller wieder zu seinen Ruhewerten zurück. Daher ist diese Zeitspanne vom Ende einer körperlichen Anstrengung bei hoher Pulsfrequenz bis zum Wiedererreichen des Ruhepulses ein gutes Kriterium für den Trainingszustand einer Person.
 
Eine erhöhte Lebenserwartung durch sportliche Betätigung ließ sich bisher nicht nachweisen. Für eine größere Widerstandskraft sportlich aktiver Menschen gegenüber verschiedenen Krankheiten gibt es bisher ebenfalls keine verlässlichen Belege. Jedoch wird durch sportliche Betätigung eine höhere körperliche Belastungsfähigkeit erreicht. Erkrankungen der Wirbelsäule einschließlich der Bandscheiben sind bei Sportlern nicht häufiger als in der übrigen Bevölkerung. Das trifft sogar auf Leistungssportler wie Geräteturner und Gewichtheber zu. Da die Krankheitsrate bei ihnen gleich oder sogar niedriger als bei der Durchschnittsbevölkerung liegt, könnte eine Trainingsbelastung also eventuell eine Schutzfunktion erfüllen und die Anfälligkeit für Krankheiten senken.
 
Eine erhöhte Belastbarkeit von Sportlern gegenüber Stress ist ebenfalls nachgewiesen. Sie ist eine direkte Folge der vielen Bewegung, durch die die verschiedenen Stresshormone abgebaut werden. Körperliche Betätigung führt zudem im Gehirn zur Biosynthese geringer Mengen eines Opiats, das gewissermaßen als biologischer Stimmungsaufheller fungiert. Weil seine Produktion im Körper selbst abläuft, wird er als Endorphin bezeichnet. Die Synthese des β-Endorphins zum Beispiel findet im Hypothalamus statt. Einerseits wirkt es über den Hypophysenvorderlappen auf den Hormonhaushalt des Körpers, andererseits vermag es über die langen Fortsätze der hypothalamischen Nervenzellen auf weite Bereiche des Gehirns selbst einzuwirken.
 
Die extrem hohe β-Endorphinproduktion kann beispielsweise bei den Teilnehmern von Marathonläufen, relativ unabhängig vom Erschöpfungsgrad, die gute Stimmung bei hoher Kilometerzahl und beim Zieldurchlauf verursachen. Die körpereigenen morphiumähnlichen Substanzen verleihen dem Läufer eine höhere Durchhaltekraft und dämpfen etwaige Schmerzempfindungen. Dieser Effekt ermöglicht dem Läufer oft, trotz einer Verletzung, zum Beispiel blutig gelaufener Blasen, eine enorm lange Strecke zu bewältigen. Andererseits besteht die Gefahr, dass Verschleißverletzungen, insbesondere der Gelenke, wegen der Schmerzunempfindlichkeit während des Laufs Vorschub geleistet wird. Die regelmäßige Endorphinproduktion über einen längeren Zeitraum hinweg kann gelegentlich auch zu einer suchtartigen Abhängigkeit von der sportlichen Betätigung führen. Intensive Jogger zum Beispiel sind machmal auf die Produktion ihrer Endorphine angewiesen. Neben dem Krankheitswert der Sucht birgt die sportliche Betätigung in solchen Fällen zusätzlich die Gefahr nachfolgender Erkrankungen des Bewegungsapparats. Diese Tatsachen dürfen die wesentliche Funktion der Endorphine nicht entwerten; sie sind ein ganz wichtiges Moment der Bewegungsfreude beim Sport.
 
 Häufige und typische Sportverletzungen
 
Die häufigsten Sportverletzungen sind Schürfwunden und andere Verletzungen der Haut, die in Statistiken jedoch nicht eingehen, obwohl sie wegen der Gefahr von Tetanus (Wundstarrkrampf) unbedingt eines Impfschutzes bedürfen. Relativ unfallträchtig ist das Fußballspielen. Rund 60 Prozent aller Sportunfälle in Deutschland entfallen allein auf diese Sportart.
 
Das Verletzungsrisiko ist für Sport treibende Männer in vielen Sportarten höher als für Frauen. Auch sterben mehr Männer als Frauen beim Sport. So betrafen 96 Prozent der in Deutschland registrierten Todesfälle im Vereinssport Männer, nur 4 Prozent der Sportunfallopfer waren dagegen Frauen. Fast drei Viertel aller Todesfälle wurden durch Herz-Kreislauf-Ursachen bedingt. Bei den Männern geschahen tödliche Sportunfälle am häufigsten beim Fußball, mit großem Abstand gefolgt von Tennis und Radfahren, während bei den Frauen Reiten und Kanufahren die ersten Plätze einnahmen. Um das Risiko besser abwägen zu können, muss man jedoch beachten, dass 30-mal so viel Männer beim Fußball starben wie Frauen beim Reiten.
 
Einen beachtlichen Stellenwert im Freizeitsport nimmt das Skifahren ein. In den letzten 30 Jahren hat sich die Anzahl von Skiunfällen verglichen mit der auf Skiern verbrachten Zeit erheblich verringert. Das ist vor allem auf die bessere Ausrüstung sowie auf größere Erfahrung der Freizeitsportler zurückzuführen. Bei den Leistungssportlern scheint die Verletzungshäufigkeit jedoch wieder zuzunehmen. Mit dem Willen zur Leistung steigt wohl auch bei gut trainierten und gut vorbereiteten Personen die Bereitschaft zum Risiko.
 
Insgesamt liefert die Unfallstatistik zu niedrige Zahlen, weil sehr viele Sportler ihre Verletzungen wie Muskelfaserrisse und Verstauchungen von Fingergelenken oft nach dem Besuch des Hausarztes in Eigenbehandlung kurieren. Auch viele Langzeitschäden durch sportliche Betätigung entziehen sich einer statistischen Erfassung.
 
Bei den unterschiedlichen, für eine Sportart typischen Belastungen kommt es auch zu statistisch gehäuften, spezifischen Verletzungen, von denen chronische Dauerfolgen zu unterscheiden sind. Bänderrisse sind die häufigste Verletzungsart; Knochenbrüche geschehen nur halb so häufig, dicht gefolgt von Verstauchungen. So treten Ausrissbrüche an Wirbelfortsätzen gehäuft bei Fechtern, Geräteturnern, Gewichthebern, Kugelstoßern, Speerwerfern, Ringern und Ruderern auf. Die Achillessehne reißt besonders oft bei Basketball- und Volleyballspielern, Läufern, Ringern, Skiläufern, Springern und Tennisspielern, während die lange Sehne des Bizepsmuskels am Oberarm bei Geräteturnern, Gewichthebern, Ringern, Ruderern und Speerwerfern häufiger als bei anderen Sportlern reißt. Beinbrüche sind bei Skifahrern besonders häufig. Verletzungen der Hand und des Knies treten vor allem bei Radfahrern auf, die auch häufig Schlüsselbein- und Unterarmbrüche — besonders der Speiche — erleiden. Bei Reitern sind Schlüsselbeinbrüche sowie Verletzungen der Wirbelsäule und des Kopfes häufig. Boxer haben oft Brüche des Daumengrundgelenks und des Zeigefingers.
 
Prof. Dr. Carsten Niemitz
 
 
Feuerstake, Georg / Zell, Jürgen: Sportverletzungen. Ulm u. a. 21997.
 
Lexikon der Sportmedizin, herausgegeben von Wildor Hollmann. Heidelberg u. a. 1995.

Universal-Lexikon. 2012.

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